Wie Sie Holland mit dem Hausboot entdecken
Diesen September sollte es soweit sein: Mein erster Bootsurlaub in Holland! Bootfahren war ich schon oft, aber bisher nur in Brandenburg, Mecklenburg und verschiedenen Regionen Frankreichs. Aber nun war Holland inkl. AMSTERDAM, meinem persönlichen Highlight, an der Reihe. Ich freute mich riesig und meine Erwartungen wurden mehr als übertroffen.
Tag 1 – Anreise und sofortiges Urlaubsgefühl
Es ist Samstag und ich fahre zum Frankfurter Hauptbahnhof. Dort treffe ich bereits auf zwei Crewmitglieder. Mit dem Zug fahren wir gemeinsam innerhalb von nur vier Stunden nach Amsterdam. Schneller geht’s wohl kaum. Am Ausgang wartet unser Taxi mit einem weiteren Hausbootfan. Sie flog vor ein paar Stunden aus den USA ein. Oh je, die Arme kämpft bestimmt grad gegen den Jetlag. Dafür sieht sie gut aus!
Bis zur Basis in Vinkeveen sind es nur ca. 30 Minuten. Wir steigen aus und blicken auf einen Hafen mit vielen Booten. Ach, ich bin im Urlaub, im Bootsurlaub! Nachdem wir uns gefangen haben, holen wir unser Gepäck aus dem Taxi und bringen es auf die Boote. Sie zu finden, war leichter als gedacht, denn wir wurden erwartet. Aber nicht nur von Holländern, wir werden eine bunte Truppe sein. Auf den drei Booten, 1x Vision und 2x Grand Classique, wird Hausbootbegeisterung aus insgesamt vier Kontinenten verteilt.
Nach Begrüßungen aus Südafrika, Australien, Frankreich, England, Holland und natürlich Deutschland gehen wir zur Rezeption und erhalten die wichtigsten Informationen zum Fahrgebiet. Mal schauen, an was ich mich erinnern kann:
- In Amsterdam gibt es viele Kanäle, aber nur eine Route, die mit den Hausbooten gefahren werden kann: die Herengracht. Den probieren wir morgen gleich mal aus.
- Die kleinen Flaggen auf der Karte sind Häfen und die roten Punkte sind Anlegestellen (ohne Strom und Wasser).
- Auf dem Amstel-Rhijnkanal verkehren nicht nur Urlaubsboote, sondern auch Schiffe der Berufsschifffahrt. Es ist also Vorsicht geboten!
Im Anschluss nimmt sich jeder ein Fahrrad, die vor der Rezeption extra für uns aufgereiht waren, geht zurück zu den Booten und erhält, gemeinsam mit der jeweiligen Bootscrew, noch eine Booteinweisung. In gemeinsamer Runde sitzend lernen wir uns beim Abendessen kennen. Den wunderschönen Sonnenuntergang genießen wir aber an Deck, bevor wir den restlichen Abend unter Deck ausklingen lassen. Ende September ist es abends doch schon etwas kühl.
Tag 2 – Amsterdam, wir kommen
Das Frühstück ist für acht Uhr geplant. Jedes Boot bleibt für sich. Schließlich müssen wir alle pünktlich um 8:45 Uhr ablegen und der letzte bzw. erste Abend wurde nicht gerade zeitig beendet. Wir verlassen den Hafen und überqueren den See „Vinkeveense Plassen“ in südlicher Richtung bis zur ersten Brücke. Diese öffnet um 9 Uhr. Nach der Brücke wartet direkt eine Schleuse auf uns, die einzige auf der kompletten Tour. Zwei Boote passen rein. Also warten wir aufeinander, machen uns mit unseren Booten vertraut und genießen die grandiose Aussicht. So hab ich Holland tatsächlich noch nicht gesehen! See, Kanal, Schleuse – perfekt zum Hausbootfahren.
Wir folgen dem Verlauf der Geuzensloot, fahren unter der Autobahn A2 hindurch, weiter auf der Angstel vorbei an Feldern und Wiesen, unter einer Brücke hindurch und schon befinden wir uns auf dem Amstel-Rhijnkanal.
Wir fahren gen Norden bis km 10 bei Driemond und biegen auf die Gaasp ab. Ab hier ist die Fahrt ruhiger. Wir steuern durch kleine, typisch holländische Orte, nehmen dann Kurs auf die Amstel und erreichen nach ungefähr vier Stunden Amsterdam. Ha, Amsterdam! Ich war noch nie in Amsterdam und nun fahre ich mit dem Hausboot in diese Metropole. Das ist der Wahnsinn!
Ich filme, ich fotografiere, ich bin fasziniert … Gut, dass ich grad nicht am Steuer bin und Zeit habe, mir alles genau anzusehen. Es sind so viele Brücken und somit so viele Wege. Aber wie wir im Briefing erfuhren, sind unsere Boote für die meisten zu groß bzw. zu hoch. Um über die Herengracht manövrieren zu können, muss eine Reihe von insgesamt fünf Brücken geöffnet werden. Dafür rufen wir eine Telefonnummer an und warten ein wenig auf Höhe des „Eremitage Amsterdam“, dem wichtigsten Museum Hollands.
Der Brückenwärter, der alle fünf Brücken in dieser Gracht bedient, ist ein lustiger Kauz. Er kommt auf dem Moped daher, öffnet die Brücke, lässt alle vier Boote passieren – ja, wir haben inzwischen Zuwachs bekommen, ein weiteres Le Boat Boot hat sich zu uns gesellt. Danach schließt er die Brücke wieder und fährt dann hupend und winkend an uns vorbei, während wir auf ihn zwischen den Brücken warten. Dieses Schauspiel wiederholt sich nun einige Male und belustigt nicht nur uns. Zuschauer begleiten uns von Brücke zu Brücke und haben sichtlich Spaß dabei zuzusehen, wie vier Boote durch diese Gracht steuern und jedes Mal auf den Brückenwärter warten, um am Ende wieder auf dem Amstel-Rhijnkanal zu landen. Was ein Erlebnis – spannend, erlebnisreich und definitiv erinnerungswürdig zu gleich!
Zurück auf dem Kanal besteht nun die Kunst darin, von der einen Seite auf die andere Seite zu gelangen, ohne einem der Frachtschiffe die Vorfahrt zu stehlen. Warum müssen wir eigentlich einmal quer drüber? Ach ja, wir möchten zu unserem heutigen Schlafplatz, dem Sixhaven. Aber mit etwas Geduld meistern wir diese Aufgabe mit Bravour. Und um ehrlich zu sein, so schlimm ist es gar nicht. Der schwierigste Teil dieser Aufgabe ist eindeutig, den Eingang zum Hafen zu finden.
Nachdem die beiden führenden Boote daran vorbeifahren, wir uns aber sicher sind, dass laut Wasserkarte der Eingang hinter der vor uns liegenden Mauer sein muss, versuchen wir unser Glück und behalten Recht. Tja, die letzten sind dann wohl die ersten!
Der Hafenmeister sieht uns sofort und winkt uns zu. Wir fahren näher heran, geben ihm zu verstehen, dass wir zu dritt sind, und er deutet auf einen von drei nebeneinander liegenden Anlegeplätzen. Wir nehmen gleich den ersten und warten auf die anderen, die inzwischen umgedreht sind und uns in den Hafen folgen
Wir vertäuen die Boote, nehmen unsere Fahrräder und weiter geht die Reise auf dem Drahtesel. Nach einer zweistündigen, geführten Radtour durch Amsterdam sind wir alle ganz schön erschöpft.
Wir kehren zu unseren Booten zurück und sind froh, dass unsere holländischen Crewmitglieder so lieb sind und unser Abendessen abholen, das sie bereits einige Tage zuvor beim Mexikaner bestellt haben. Es gibt also Quesadillas und Tortilla-Chips. Eher untypisch für Bootsfahrer, aber sehr lecker! Wir lassen es uns schmecken und tauschen uns über die Ereignisse des Tages aus. Auch wenn wir heute viel erlebt haben, war da noch Platz nach oben. Hey, wir sind in Amsterdam! Also, frisch machen, umziehen und ab in die City.
Nun geht es zu Fuß zur Fähre. Den Weg kennen wir inzwischen. Die Fähre fährt zum Glück auch noch abends alle 3 Minuten (kostenfrei!) und bringt uns vom nördlichen Teil der Stadt in den Süden. Unweit vom Hafen befindet sich auch schon die Partymeile. Hier sind wir richtig! Wir starten mit einem gemeinsamen Drink in einem Irish Pub. Es ist ein wirklich lustiger Abend und alle finden früher oder später den Weg in die Koje.
Tag 3 – Zaanse Schaans, das kleine Holland
Etwas müde, aber pünktlich nehmen wir am nächsten Morgen erneut die Fähre über den Kanal und gehen zum Busbahnhof, der sich im selben Gebäude wie der Bahnhof befindet. Wir steigen in den Bus mit der Nummer 391, der uns innerhalb von 45 Minuten nach Zaanse Schaans bringt. Hätten wir einen Tag mehr Zeit zur Verfügung, würden wir direkt mit dem Boot zu diesem Highlight eines jeden Hollandurlaubs fahren und dort im Hafen festmachen. Aber wir haben keinen Extratag.
Nach einem kurzen Schläfchen im Bus erreichen wir Zaanse Schaans, eine Nachbildung dessen, wie es in Holland im 18. und 19. Jhd. aussah und wie die Menschen damals hier lebten. Es erwarten uns also sicherlich folgende Highlights: Windmühlen, Clogs, Käseproduktion und vieles mehr. Und so ist es auch! Ein Tour Guide begleitet uns durch das kleine Dorf und erklärt uns allerhand über die Lebensart und Geschichte des Landes. Am Rande des Örtchens befindet sich auch die größte Schokoladenfabrik Europas. Das ist nicht zu „überriechen“. Wir genießen es sehr, dass der Wind so günstig steht. Nach so viel Schokolade in der Luft und den leckeren Kostproben bei den Demonstrationen ist es nun Zeit für das Mittagsessen. Es gibt Pannekoeken (dt. Eierkuchen), eine ganz typische Mahlzeit in Holland. Bevor wir wieder mit dem Bus zurückfahren, heißt es noch kurz SHOPPING. Wenn man Souvenirs kaufen möchten, dann hier!
Zurück am Amsterdamer Busbahnhof nutzen wir wieder die Fähre. Wir laufen zur Marina und machen die Leinen los. Ab geht es erneut auf den Amstel-Rhijnkanal, dieses Mal aber in die andere Richtung.
Wir steuern stromaufwärts bis Kilometer 9,5 und biegen auf die Smal Weesp ab. Der Fluss ist kleiner und schmaler als der Kanal und wir lernen Holland von einer ganz anderen Seite kennen. Nicht mehr ganz so geschäftig, eher verträumt, klein und hübsch.
Noch ein wenig in Gedanken und vor mich hin träumend werde ich ganz schnell wieder wach gerüttelt. Bloß gut, denn schließlich folgt nun ein besonderes Highlight für mich. Vor uns befindet sich eine geschlossene Brücke. Diese muss sich öffnen, damit wir unsere Route fortsetzen können. Der Brückenwärter steht bereit, öffnet die Brücke und lässt einen Holzschuh an einer Art Angel zu mir zu mir fliegen. Ich bin vorbereitet und lege das Bruggeld (3 €) in den Clog. Was für eine witzige Art zu bezahlen! Bisher habe ich diese Vorgehensweise nur auf Youtube gesehen, aber live ist es 1000x besser. Kleiner Tipp: Das „Bruggeld“ sollte man immer passend haben. Es gibt kein Rückgeld!
Unsere heutige Etappe endet kurz hinter dem kleineren Hafen von Weesp, am Ende des Ortes. Wir legen zwischen zwei Windmühlen an und freuen uns über den herrlichen Anblick! Es gibt hier zwar kein Landstrom, keine Möglichkeit, die Wassertanks aufzufüllen, und auch kein Wifi, aber darauf können wir verzichten. Wer allerdings großen Wert darauf legt, sollte sich bereits am frühen Nachmittag einen Platz im Hafen sichern und besser noch vorher reservieren, auch in der Nebensaison. Die Holländer lieben ihr Land und sind viel unterwegs.
Und noch ein Tipp: Wer etwas mehr Zeit hat, kann von hier aus mit dem Boot in nördlicher Richtung bis nach Muiderslot fahren. Einfach direkt am Hafen des Wasserschlosses anlegen und das wunderschöne Schloss besichtigen.
Tag 4 – Oh, du schöne Vecht
Nach einer ruhigen Nacht machen wir recht früh die Leinen los, da wir heute recht viel Strecke zurücklegen werden. Der Wetterbericht hält reichlich Regen für uns bereit. Wir stellen uns also auf eine nasse Fahrt ein. Umso erfreulicher ist es, dass es nur einmal für wenige Minuten nieselte. Die Wolken rissen sogar auf und die Sonne zeigte sich, als wir auf die Vecht abbiegen. Manchmal irren sich auch die Wetterfrösche! Oder ist das der Charme der Vecht!?
Wir fahren unter anderem durch Uitermeer, Hinderdam, Overmeer, Vreeland bis hin nach Breukelen (ca. zwei Stunden von Weesp) und kommen hier pünktlich zur ersten Pause an. Die ansässige Brücke schließt nämlich von 10:30 bis 11:30 Uhr und dann noch mal von 16:30 bis 17:30 Uhr. Wir legen also eine Pause ein und bereiten einen Snack zu. Guten Appetit!
Nach dem Essen geht es weiter bis nach Maarsen. Die Vecht, die oft auch als „Holländische Loire“ bezeichnet wird, zeigt sich auf diesem Abschnitt von ihrer
schönsten Seite. Sie schlängelt sich durch üppige Flora und Fauna, vorbei an prächtigen Villen, Landhäusern und Schlössern, wie z.B. dem Schloss Nyenrode (oder Nijenrode), in dem heute eine private Wirtschaftsuniversität untergebracht ist. Wer möchte nicht in diesem Schloss, das von einem Wassergraben umgeben ist, studieren!?
In Maarsen warten wir erneut vor einer Brücke, die letzte an diesem Tag. Wir legen kurz dahinter an. Es gibt auch hier kein Landstrom, kein Wasser und kein Wifi. Aber das stört uns nicht!
Wir schnacken gar nicht lange und spazieren stattdessen geradewegs zur Bushaltestelle (ca. fünf Minuten entfernt). Der Bus 36 fährt uns in ungefähr 30 Minuten nach Utrecht. Jetzt folgt Sightseeing … dachten wir. Jetzt regnet es! Also entspannen wir erst einmal in einem Café und gehen dann zum Shopping über. Das Einkaufszentrum Hoog Catherina befindet sich direkt am Busbahnhof. Die Altstadt mit VIELEN Shops ist auch nur fünf Minuten entfernt.
Noch ein Tipp: Wer mehr Zeit zur Verfügung hat, kann direkt mit dem Boot bis nach Utrecht fahren. Das heben wir uns für den nächsten Bootsurlaub auf.
Tag 5 – Zurück zur Hausbootbasis in Vinkeveen
Nach einem eigens kreierten Kochwettbewerb mit anschließendem, amüsantem Abend kommen wir an diesem Morgen nur schwer aus den Federn. Das passt zur Stimmung, weil wir uns nun auf den Rückweg zur Basis in Vinkeveen machen. ABER diesen Tag werden wir vollends auskosten!
Nach einem weiteren kurzen Streckenabschnitt auf der Vecht kehren wir zurück auf den Amstel-Rhijnkanal. Wir fahren einige Kilometer stromabwärts und biegen auf Höhe von Nieuwersluis links in die Nieuwe Wetering, später Angstel, ein.
Nach ungefähr drei Stunden erreichen wir wieder die einzige Schleuse auf unserer Route und schleusen in zwei Schichten abwärts. Anschließend öffnet die große Brücke für uns und wir sind wieder auf dem „Vinkeveense Plassen“. So schnell kann’s gehen!
Wir überqueren den See und kehren in den Heimathafen ein. Hier stärken wir uns nur „ein bisschen“. Schließlich steht noch eine Nachmittagsaktivität an, die angeblich sehr sättigend sein soll. Wir freuen uns schon alle und sind sehr gespannt, was sich unsere holländischen Kollegen ausgedacht haben.
30 Minuten später ist es so weit. Der Bus ist da! Aha, nun geht es also mit dem Bus weiter. Das wird ja immer spannender! Also dann, los geht‘s … Nach ca. 25 Minuten erreichen wir – welch eine Überraschung – AMSTERDAM. Ich freue mich!
Nachdem wir Amsterdam nun per Hausboot und per Fahrrad kennengelernt haben, entdecken wir es jetzt zu Fuß. Stopp, ich korrigiere mich, noch mal per Boot. Wir steigen vom Bus ins Boot um.
Jeder sucht sich ein nettes Plätzchen und dann wird endlich das Geheimnis gelüftet.
Wir begeben uns auf die Jordaan Food & Canal Tour. Jordaan ist ein Viertel in Amsterdam, das kulinarisch einiges zu bieten hat. Nach einer sehr leckeren ersten Runde auf dem Wasser geht es schließlich doch per pedes weiter durch den Stadtbezirk. Nach den ersten drei Locations sind wir eigentlich bereits satt, aber es folgen noch weitere vier. Eine Köstlichkeit ist besser als die andere.
Mehr als satt und etwas träge finden wir den Weg zurück zu unserem Bus, der uns sicher nach Vinkeveen bringt. Wir versammeln uns im Salon der Vision und blicken auf die letzten Tage zurück. Beim Anschauen der Bilder freuen wir uns, dass wir so viel erlebt und gesehen haben.
Am Tag drauf sitze ich im Zug zurück nach Frankfurt und schaue im Kalender nach, wann ich meinen nächsten Bootsurlaub in den Niederlanden verbringen könnte. So nah und doch so schön!!!
Möchten Sie auch einen Le Boat Hausbooturlaub in Holland erleben und Amsterdam von Wasser aus entdecken? Nichts ist leichter als das!